Vorbemerkung zu Georgius Agricola:
„In Bezug auf die angewandten Technologien im eigentlichen Bergbaubetrieb dürfte heute bereits ohne Zweifel erwiesen sein, dass die weit verbreitete Auffassung, die in Georg Acricolas Standardwerk „De re metallica“ im Jahre 1556 enthaltenen Darstellungen seien auch für das Mittelalter repräsentativ, nicht zutrifft.“ (Museumsführer Bergbaumuseum Bochum).
[Interessant wäre hier, welches Wissen bei den römischen Bergleuten vorhanden war und ob/wie es weiterentwickelt wurde. Oder rückwärts: welche der Kenntnisse Agricolas waren bereits im 12. und 13. Jahrhundert vorhanden?]
Auch, wenn Agricola eindeutig keine Person des Mittelalters war, ist doch das Wissen und die Denkweise sehr interessant, deshalb hier stichpunktartig die „Bedingungen zum erfolgreichen Betrieb einer Grube“:
Agricola beschreibt in seinem „De re metallica libri“: „Bevor der Bergmann Gänge zu bauen beginnt, muß er siebenerlei beachten: Erdoberfläche, Erdoberflächenbeschaffenheit, Wasser, Wege, Klima, Landesherrschaft, Nachbar.“
1. Erdoberflächen:
- die günstigsten sind sind Berge und Hügel, weil in sie Stollen für den Abfluss des Wassers getrieben werden können.
- es soll nur in mit anderen verbundenen und zusammenhängenden Bergen geschürft werden
- die mittelgroßen Berge sind besser als die ganz großen oder ganz kleinen
- an steilen Hängen sollte nur geschürft werden, wenn dort Erzgänge erkenntlich sind
- Hügel sind – wenn überhaupt – nur geeignet, wenn sie zwischen Bergen liegen
„Der Bergmann gräbt nicht in Talkesseln, auch nicht in den weiten Tälern, falls nicht unterhalb eine Niederung liegt oder ein Erzgang vom Berg hinab ins Tal streicht.“
2. Oberflächenbeschaffenheit
- ideal ist, wenn es bei oder „über“ der künftigen Grube Wald gibt
- gibt es keinen Wald, sollte ein Fluss in der Nähe sein, auf dem Holz hergeflößt werden kann
- bei Aussicht auf Gold oder Edelsteine kann auf Holz verzichtet werden; Edelsteine müssen nur geschliffen und Gold geläutert werden, dafür ist kein Holz notwendig (oder zumindest keine großen Mengen)
- in der Umgebung sollte ein ständig fließendes Wasser vorhanden sein; es dient für den Antrieb der Künste (Wasserräder u. ä.). Eine fehlende oder unzuverlässige „Energieversorgung“ erhöht die Kosten und ist damit ein Investorenproblem.
3. Wege
„Denn die an nutzbaren Mineralien reichen Orte liefern sehr oft keine Ackerfrüchte, und somit muss alles zum Lebensunterhalt für die Arbeiter und die anderen Leute nötige zugeführt werden.“ Schlechte Wege seien weniger ein Problem der Beschäftigen, sondern eher eins der Investoren. Da diese aber die erhöhten Kosten auf die Arbeiter abwälzen (schlechtere Bezahlung), bestehe die Gefahr, dass die Arbeiter abwandern.
4. Klima
Der Bergmann solle darauf achten, dass ein gesundes Klima herrscht. Hier weist Agricola bereits auf gesundheitsschädigende Arbeitsbedingungen durch giftige Gase oder andere Luftschadstoffe hin!
5. Landesherrschaft
„In einer unter Tyrannenherrschaft stehenden Landschaft legt ein Bergmann keine Baue an.“
6. Nachbarn
Schlechte Nachbarschaft birgt die Gefahr von Raubüberfällen. Ansonsten weist Agricola auf das notwendige gute Nebeneinander verschiedener Gruben und deren Personal hin, auf die Pflicht des Bergmeisters, die Grenzen sauber abzustecken, sowie auf die Pflicht des Bergmanns, nur innerhalb seiner Markscheiden zu graben.
Auf welche Art suchten die Bergleute nach Rohstoffen?
Das Waschen von (Fluß)sanden war sowohl eine Erzeugungs- als auch eine Suchmethode. „Der Bergmann wäscht zuerst die sande des Quells, dann die des aus ihm entstandenen Bachs und dann die des Flusses, in den der Bach mündet.“
Quellwasser kosten und Farbe bestimmen, um Rohstoffe wie Salz, Soda, Alaun, Vitriol und Bitumen (Erdwachs) zu kommen.
Laut Agricola sollen zuerst die Umgebungsbedingungen (s. o.) geprüft werden. Ist ein geeignetes Gelände für eine Grube vorhanden, soll mit den folgenden Methoden nach Vorkommen gesucht werden:
- offen liegende Gänge, durch Erdrutsche, Pflügen, Waldbrände
- Quellen sind nicht weit von Gängen entfernt
- Frisch entstandene Ganggeschiebe in Wildbächen. Die Geschiebe müssen im Boden stecken oder rauh sein. Dabei müssen die Bodenverhältnisse berücksichtigt werden
- In der kälteren Jahreszeit entsteht Reif überall auf den Gräsern, aber nicht dort, wo ein Gang drunter ist
- Gräser oder Bäume mit Wuchsanomalien, besonders dann, wenn es mehrere Bäume betrifft oder Grasflächen/-streifen diese Unregelmäßigkeiten zeigen
- Kräuter oder Pilze, die auffallend auf einer Linie wachsen
- die Wünschelrute war wohl damals schon umstritten, die Befürworter nahmen Haselholz (bevorzugt über einem Gang gewachsen), andere benutzten unterschiedliche Ruten abhängig vom gesuchten Erz.
Der nächste Schritt ist dann das Ziehen von Schürfgräben (einer oder mehrere), bis der Ausbiß eines Ganges entdeckt wird.